Zusammenfassung der Handlungsempfehlungen aus dem Positionspapier01

Der Arbeitskreis des Interop Council „Einführungskonzept Laborbefund“ hat die bestehenden Prozesse zur Laborbefundung analysiert und eine multilaterale Diskussion zum zukünftigen Soll-Prozess geführt. Der Konsens beinhaltet folgende wesentliche Punkte:

  • Künftig sollen alle Laborbefunde in der elektronischen Patientenakte (ePA) als separate, nicht veränderbare, ärztlich bewertete Befunde gespeichert werden. Für eine Statusänderung (z.B. von "partiell" auf "final") soll eine neue Version erzeugt und hochgeladen werden. 
  • Für die Kommunikation zwischen Leistungserbringenden soll künftig das MIO Laborbefund verwendet werden, um ineffiziente Übertragungswege zu ersetzen. Eine hohe Qualität und Konsistenz der Laborbefunde sind erforderlich, um Fehlinterpretationen zu vermeiden. Dafür müssen strikte Vorgaben in Spezifikationen und Implementierungsleitfäden basierend auf einer Referenzimplementierung für Primärsystemhersteller definiert werden.
  • Neben der (Opt-out) ePA wird gemäß SGB V weiterhin ein (sicherer) Kommunikationskanal, wie z.B. KIM (Kommunikation im Medizinwesen), für die obligatorische direkte Übermittlung von Befunden an die Auftraggebenden erforderlich sein.

Schlüsselanforderungen und Anpassungen

Direkte Einstellung von Laborbefunden durch Laborärzt:innen 

Laborärzt:innen sollen Befunde unmittelbar in die elektronische Patientenakte (ePA) einstellen können. Dies stellt sicher, dass Laborbefunde nach ärztlicher Bewertung sofort in der ePA verfügbar sind, um eine zeitnahe Einsicht für behandelnde Ärzt:innen und Patient:innen zu gewährleisten. Besonders die Berechtigungsdelegation muss klar geregelt werden, damit Laborärzt:innen die erforderlichen Zugriffsrechte erhalten, um Befunde in die ePA hochzuladen zu können. Damit dies reibungslos funktioniert, sind Anpassungen im regulatorischen Rahmen notwendig. Zusätzlich müssen technische Lösungen entwickelt werden, die eine sichere und praktikable Umsetzung dieser Berechtigungsdelegation auch ohne direkten Patientenkontakt ermöglichen.

Patient:innen sollen den Laborbefund grundsätzlich einsehen können. Es wird jedoch vor der ersten Einsichtnahme eines Befundes ein Hinweis angezeigt, der zuerst eine Besprechung der Ergebnisse mit dem behandelnden Arzt oder der behandelnden Ärztin empfiehlt. Hierbei wird auf das Risiko einer Fehlinterpretation durch einen Laien hingewiesen sowie Verweise auf ausführliche Informationsquellen gegeben. Bestätigt der oder die Versicherte den Hinweis, kann er oder sie den Befund einsehen. 

In besonderen Fällen, in denen eine fundierte laborfachärztliche Beurteilung den medizinischen Kontext erfordert, soll Laborärzt:innen ein lesender Zugriff auf die ePA ohne direkten Patientenkontakt ermöglicht werden.

Kennzeichnung kritischer Befunde

Kritische Befunde, die sofortiges Handeln erfordern, sollen eindeutig als dringlich gekennzeichnet werden, damit die Empfänger:innen aus ihrem System heraus umgehend benachrichtigt werden. Es bedarf technischer Lösungen, um sicherzustellen, dass die betroffenen Einrichtungen sofort reagieren können.

Auch Patient:innen sollen in solchen Fällen unverzüglich informiert und mit verständlichen Handlungsanweisungen versorgt werden. Hier bedarf es ebenfalls technischer Lösungen sowie der Definition entsprechender Prozessabläufe.

Harmonisierung und Nutzung von Labordaten

Eine zentrale Herausforderung besteht in der Harmonisierung bereits bestehender Standards und Datenmodelle, sowohl auf nationaler als auch internationaler Ebene. Das MIO Laborbefund wird als zentrale Datenquelle gesehen, um Labordaten zu dokumentieren und auszutauschen. Die erhobenen Daten sollen weiterverwendet werden können. Weiterhin soll dafür Sorge getragen werden, dass Labordaten nur einmal im Labor erfasst werden und danach mehrfach nutzbar sind, und zwar für:

  • Meldepflichten wie DEMIS02 oder ARS03
  • das MII-Kerndatensatz Modul Laborbefund04
  • den Datenaustausch im europäischen Gesundheitsdatenraum (HL7 Europe Laboratory Report)05
  • die Patientenkurzakte oder die Entlassdokumentation (bspw. Krankenhaus-Entlassbrief und Überleitungsbogen)
  • die Sekundärdatennutzung in der Forschung (nach Einwilligung der Patient:innen)

Durch die mio42 wurden die existierenden Profile (MII04, DEMIS02, ISiK06) abgeglichen und das Ergebnis innerhalb des Arbeitskreises vorgestellt. Der Austausch mit den Akteuren, die diese Profile verwalten und weiterentwickeln, hat hervorgebracht, dass es zwar grundsätzlich Unterschiede in der Profilierung gibt, dass sich diese aber bislang aus den unterschiedlichen Nutzungskontexten ergeben haben. Um das MIO Laborbefund sowohl für primäre als auch sekundäre Nutzungsdimensionen nutzbar zu machen, verständigten sich die Beteiligten auf das Ziel, die Profile zukünftig weiter zu harmonisieren.  

Gegenüberstellung der Labor-Spezifikationen durch die mio42

Im nachfolgenden PDF-Dokument ist eine detaillierte Gegenüberstellung zwischen den Labor-Spezifikationen EHN, HL7 EU - MII, DEMIS, ISiK und dem MIO Laborbefund zu finden:

 Stand: Juni 2024

Integration von LOINC®- und SNOMED CT®- Codes

Eine bedeutende Herausforderung, die alle Labore in Deutschland als zwingende Voraussetzung vor der Einführung des MIO Laborbefund bewältigen müssen, ist die rechtzeitige Integration von LOINC®- und SNOMED CT®-kodierten Begriffen in ihre Laborinformationssysteme (LIS). Labore müssen hierfür ihr Leistungsspektrum auf diese Codes abbilden. Dieses Ressourcen-intensive Mapping erfordert medizinisches und terminologisches Fachwissen. Die Notwendigkeit, dieses Wissen zu vermitteln, um die Labore beim Mapping zu unterstützen, wurde erkannt und formuliert.

Aktuell werden vom BfArM und der mio42 folgende Unterstützungsangebote für die Labore und Laborinformationssysteme (LIS) entwickelt:

  • Ein Benutzerhandbuch zur Codierung von Laboruntersuchungen sowie ein begleitendes Online-Webinar vom BfArM
    Diese Materialien bieten klare Anleitungen zur Verwendung von LOINC®-(und SNOMED CT®-) Codes. Die Veröffentlichung ist in Abstimmung mit der AG LOINC® des Kuratoriums für Fragen der Klassifikation im Gesundheitswesen (KKG) für Anfang des Jahres 2025 geplant.

  • Eine LOINC®-Mapping-Starthilfe mit einer kuratierten Auswahl von Laboruntersuchungen und den entsprechenden LOINC®-Codes von der mio42
    Diese Liste soll als Grundlage dienen, um die Codierung von Laborleistungen mit konsistenter Präzision zu erleichtern. Die Entwicklung erfolgt durch eine von der mio42 initiierten Arbeitsgruppe von Laborexpert:innen und soll ca. Mitte des Jahres 2025 zur Verfügung stehen.

Besonderer Mehrwert

Die Einführung des MIO Laborbefund bietet die Chance, Laborergebnisse aus verschiedenen Laboren zusammengefasst und vergleichend darzustellen. Um die fachmedizinische Qualität dieser Vergleiche sicherzustellen, sind mittelfristig verbindliche Vorgaben für die Darstellung auf der Basis identischer oder medizinisch vergleichbarer LOINC®-Codes sowie ggf. weiterer kodierter Informationen zwingend erforderlich. 

Schritte und Erfolgsfaktoren für Pilotierung, Rollout und Einführungskonzept

Die Einführung des MIO Laborbefund soll schrittweise auf Grundlage eines strukturierten Konzepts erfolgen. Der erste Schritt für die Labore besteht darin, ihre einrichtungsspezifischen Laborleistungen in ihrem Laborinformationssystem (LIS) mit LOINC®-Codes zu versehen (Mapping).  Voraussetzung dafür ist, dass die Softwarehersteller diese Konfigurationsmöglichkeit entwickelt haben. Anschließend sollen Pilotprojekte initiiert und durchgeführt werden, um die Implementierung in der Praxis zu erproben. Danach empfiehlt der Arbeitskreis ein gestuftes Rollout, begleitet von klar definierten Konformitäts-, Akzeptanz- und Qualitätskriterien, um die erfolgreiche Umsetzung in den IT-Systemen sicherzustellen. Dies benötigt ausreichend Zeit, klare Finanzierungsstrukturen und präzise Pilotierungsvorgaben. Darüber hinaus wird die Einbindung aller relevanten Akteure maßgeblich zum Erfolg in der elektronischen Patientenakte (ePA) beitragen.


Stand: November 2024

REFERENZEN

01. Positionspapier aus dem Arbeitskreis des Interop Council Einführungskonzept Laborbefund 2024:

02. Deutsches Elek­tro­ni­sches Melde- und Infor­ma­tions­system für den Infek­tions­schutz (DEMIS)

03. Antibiotika-Resistenz-Surveillance (ARS)

04. MII-Kerndatensatz Modul Laborbefund

05. HL7 Europe Laboratory Report

06. Labor-Modul der Informationstechnischen Systeme im Krankenhaus (ISiK)