Labordiagnostik wird fachübergreifend für nahezu alle medizinischen Disziplinen angewendet, sowohl im ambulanten Sektor als auch im klinischen stationären Bereich. Laborergebnisse spielen eine wichtige Rolle bei der Diagnose, der Behandlung und der Nachsorge von PatientInnen.Der Fokus für die aktuelle erste Ausbaustufe des MIO Laborbefund ist die Modellierung der klinisch chemischen Laboruntersuchungen, inklusive Antigen-/Antikörperbestimmungen, womit ein sehr großer Teil der klinisch alltäglichen Laborergebnisse abgedeckt ist. 

Vorgehensweise

Beim MIO Laborbefund geht es um die Digitalisierung eines standardisierten, spezialisierten Befundberichtes. Strukturiert nach administrativen Daten, sowie den Ergebnissen aus der Laboratoriumsdiagnostik, deren fachlicher Zuordnung und Bewertung im medizinischen Kontext. Für die Analyse und Erarbeitung des MIO Laborbefund wurden bewährte Konzepte aus aktuell genutzten Standards und Richtlinien (Referenzen. RiLi BÄK, ISO, LDT3 …) sowie Vorarbeiten aus der Fachwelt berücksichtigt.

Im Entstehungsprozess eines MIO wird die Expertise fachlich relevanter Verbände und Organisationen berücksichtigt. Das Gesamtkonzept wurde mit dem eigens gegründeten Beirat, der Arbeitsgruppe Fachgremien Labor (AG FG Labor), abgestimmt. Diese AG FG Labor setzt sich überwiegend aus Expert:innen laboratoriumsmedizinischer Fachgesellschaften zusammen. Zudem sind Vertreter:innen der Medizin Informatik Initiative (MII) (REF) und mit terminologischer Expertise Vertreter:innen des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM, ehemals DIMDI) (REF) beteiligt. 

In der AG FG Labor sind verschiedene laboratoriumsmedizinische Bereiche vertreten, sodass die große Bandbreite der Laboratoriumsmedizin im Blick behalten wird.

Labormedizinischer Beirat - Arbeitsgruppe Fachgremien Labor

  • ALM (Akkreditierte Labore in der Medizin e. V.)
  • BDL (Berufsverband Deutscher Laborärzte e. V.)
  • DGKL (Deutsche Gesellschaft für Klinische Chemie und Laboratoriumsmedizin e. V.)
  • DGHM (Deutsche Gesellschaft für Hygiene und Mikrobiologie e. V. )
  • BÄMI (Berufsverband der Ärzte für Mikrobiologie, Virologie und Infektionsepidemiologie e. V.)
  • BDT  (Berufsverband Deutscher Transfusionsmediziner e. V.)
  • DGTI (Deutsche Gesellschaft für Transfusionsmedizin und Immunhämatologie e. V.)
  • GTH (Gesellschaft für Thrombose- und Hämostaseforschung e. V.)
  • DGP (Deutsche Gesellschaft für Pathologie e. V.)
  • IGLD (Interdisziplinäre Gruppe für Labor und Durchflusszytometrie e. V.)
  • DMykG (Deutschsprachige Mykologische Gesellschaft e. V.)
  • AeDA (Ärzteverband deutscher Allergologen e. V.)
  • BVDH (Berufsverband Deutscher Humangenetiker e. V.)
  • GfH (Deutsche Gesellschaft für Humangenetik e. V.) 
  • BDDH (Berufsverband der Deutschen Hämostaseologen e. V.) 
  • DGHO (Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie e. V.) 
  • BfArM (Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte)
  • MII (Medizininformatik Initiative) betrieben durch den TMF (Technologie- und Methodenplattform für die vernetzte medizinische Forschung e. V.)
  • KBV, CoC-L (Kassenärztliche Bundesvereinigung, Kompetenzzentrum Labor)

Für die "Arbeitsgruppe Fachgremien Labor" gab es zwei Schwerpunkte, die in getrennten Workshops erarbeitet wurden:

  • Die inhaltliche Modellierung der MIO-Struktur und
  • Die Ausarbeitung der Vorschlagsliste zur offiziellen deutschen Übersetzung von LOINC-Codes, welche im Endergebnis rund 12.000 Laboruntersuchungen aufführt, zur Vorlage beim BfArM

Darüber hinaus gab und gibt es Abstimmungen mit der Industrie und der MIO Laborbefund empfangenden Seite / den behandelnden Personen.

Bestehende Arbeiten und Vorgaben zum Laborbefund 

Der Laborbereich ist einer der am stärksten standardisierten Bereiche der medizinischen Industrie, was auf den umfassenden Einsatz von Automatisierungssystemen sowie auf eine lange Tradition bei der Organisation von Qualitätskontrollprogrammen zurückzuführen ist, wenngleich es keine verbindlichen Vorgaben für die Dokumentation und Struktur von Laborbefunden gibt. Für die Analyse und Erarbeitung für das MIO Laborbefund wurden bewährte Konzepte aus aktuell genutzten Standards und Richtlinien sowie Vorarbeiten von Fachgremien berücksichtigt. Für die Datenstruktur liefert die Rili-BÄK 2019 (Richtlinie Bundesärztekammer)01, insbesondere Teil A Kap. 6 relevante Inhalte. Weiter gibt die DIN EN ISO 15189 Medizinische Laboratorien 02 im Kapitel „Befundberichte“ zur Rili-BÄK kompatible Vorgaben bezüglich der Anforderungen an einen Laborbefundbericht. Der bereits vor allem im ambulanten Sektor genutzte Kommunikationsstandard ist LDT03, existierend in verschiedenen Versionen, die aktuellste ist die Labordatentransfer Version 3, der letzte Update-Stand kann hier abgerufen werden: https://update.kbv.de/ita-update/Labor/Labordatenkommunikation/. Der LDT wurde vom Qualitätsring Medizinische Software e. V. (QMS)04 und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) entwickelt und liefert in seiner Datensatzbeschreibung Grundlagen für die Strukturierung von Laborbefunden. Während der LDT die Datensätze für alle Teilprozesse definiert (z. B. Auftrag, Laborbefund, Abrechnungsdaten), spezifiziert das MIO ausschließlich den Laborbefund als fachliches Gesamtergebnis des Prozesses. Anders als der LDT ist das MIO auf international standardisierte Terminologien ausgelegt.

HL7® (Health Level 7)05 bietet ein Set von Standards für verschiedene Bereiche des Gesundheitswesens. Innerhalb von Kliniken sind zur Kommunikation von PatientInnen- und Leistungsdaten sowie Leistungsanforderungen und Befunden HL7 Version 2.x Nachrichten als Format weit verbreitet. Teilweise kommt bereits HL7 Version 3, bestehend aus Kommunikationsstandards auf XML-Basis, zum Einsatz. Grundsätzlich handelt es sich hierbei um einen syntaktischen Standard, eine standardisierte Beschreibung von Laborbefunden liegt in diesem Kontext nicht vor.

Es ist zu erwarten, dass es zum Start des MIO noch verschiedene Formate in der Fläche geben wie z. B. LDT03 HL7v205 und HL7 FHIR®06. Das bedeutet für die Datenübermittlung zunächst, dass parallel zum MIO (FHIR®) auch z. B. LDT oder HL7v2 versendet werden kann.

Auch die Medizininformatik Initiative11, welche den Fokus auf die Vereinheitlichung von Daten der universitätsmedizinischen Standorte für die gemeinsame Nutzung vor allem für Forschungszwecke legt, hat einen Kerndatensatz Labor entwickelt12. Dieser ist in HL7® FHIR® spezifiziert und sieht im Einklang mit dem nationalen und internationalen Verständnis die Nutzung von LOINC® und SNOMED® vor. Die Arbeiten wurden entsprechend gesichtet und sind in die Ausgestaltung des MIO Laborbefund eingeflossen.

Auf der internationalen Ebene wird mit der IHE Spezifikation „IHE Pathology and Laboratory Medicine (PaLM) 5, Technical Framework, Volume 3 Content Module13 eine Struktur zur Datenverarbeitung von Laborbefunden beschrieben. Der ebenfalls international bedeutsame und auf IHE Standards basierende ELGA Implementierungsleitfaden "HL7 Implementation Guide for CDA® R2: Laborbefund (Version V 2.06.2)"14 enthält die Definition der Inhalte des Laborbefundes für das Österreichische Gesundheitswesen. Der Laborbefund nach IHE bzw. der ELGA-Laborbefund sind im CDA Format beschrieben. Ein MIO dagegen ist über standardisierte HL7® FHIR®-Ressourcen festgelegt. Das fachliche Konzept zum MIO Laborbefund wurde mit der ELGA-Spezifikation bezüglich Anwendungsfälle und Datenmodell auf Vollständigkeit abgeglichen.

Umgang mit Terminologien im MIO Laborbefund

Im Hinblick auf die semantische Interoperabilität gibt es bislang in Deutschland keine verbindlichen Vorgaben oder ein einheitliches Vorgehen. Bisher werden Laboruntersuchungen in den Leistungskatalogen der Labore überwiegend mit systemeigenen Codes zur Identifikation versehen. Dennoch ist für die codierte Spezifikation von dokumentierten Laboruntersuchungen international und EU-weit LOINC®07 als Code-System anerkannt und etabliert (Erklärung LOINC®).

Als konsentiertes Arbeitsergebnis hat die "Arbeitsgruppe Fachgremien Labor" bestätigt, dass im Laborbefund als quasi-Standard und geübte Praxis die einzelnen Laboruntersuchungen über LOINC® spezifiziert sind und die qualitativen Laborergebnisse mit SNOMED CT®08 codiert werden (Erklärung SNOMED CT®). Diese Vorgehensweise deckt sich mit den aktuell entstehenden Richtlinien für den EU-weiten grenzüberschreitenden Laborbefundaustausch (X-eHealth)09 und internationalen Vorgaben10, welche besagen, dass LOINC® die Frage repräsentiert und SNOMED CT® die Antwort.   

Ein Beispiel
Spezifikation Laboruntersuchung:
  • LOINC 5196-1
    "Hepatitis-B-Virus-Oberflächen-Antigen [Nachweis] in Serum oder Plasma mit Immunoassay"
    Der Code ist in der bereits übersetzten deutschsprachigen LOINC®-Liste  enthalten.
Qualitatives Ergebnis:
  • SNOMED  406010001
    "Hepatitis B surface antigen negative (finding)"

Terminologische Codes werden im Hintergrund der elektronischen Laborbefunddokumentation anhand von Katalogdaten mitgegeben, die dokumentierende Person hat diesbezüglich keinen Kodier-Aufwand. Beispielsweise funktioniert die LOINC-Codierung von Laboruntersuchnungen auf der Basis, dass die hauseigenen Laborleistungskataloge bereits auf LOINC® gemappt sind. Das Zuordnen von LOINC®-Codes zu Laborleistungen geschieht im Rahmen der fachlichen Administration der Laborleistungskataloge. Hierbei unterstützt die deutschsprachige LOINC®-Liste mit ihrer umfassenden Zusammenstellung bei der Recherche und Präzision der Code-Zuordnung. 

Deutschsprachige LOINC®-Liste 

Ein großer Teil der internationalen laborspezifischen LOINC®-Codes wurde vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM)15 ins Deutsche übersetzt und durch das Regenstrief Institute16 als aktualisierte "LOINC® DE15 Linguistic Variants" veröffentlicht: https://loinc.org/downloads/, enthalten im Download-Unterverzeichnis AccessoryFiles/LinguisticVariants/. Perspektivisch ist die kontinuierliche Erweiterung der deutschsprachigen LOINC®-Liste vorgesehen.

Fazit

Die Spezifikation des MIO Laborbefund wurde unter Einbeziehung von Standards und Fachexpertise erarbeitet, und zwar mit dem Ziel sowohl eine breite fach- als auch sektorenübergreifende Akzeptanz zu erwirken.
Hervorzuhebende Ansätze, die berücksichtigt wurden, sind der LDT3-Standard, die Rili-BÄK zur Qualitätssicherung laboratoriumsmedizinischer Untersuchungen, die Arbeitsergebnisse der Medizininformatik-Initiative zum Thema Labor sowie Vorarbeiten von BfArM-Arbeitsgruppen.
Die semantische Interoperabilität für konkrete Laboruntersuchungen wird ganz wesentlich durch die LOINC®-Codierung geschaffen, weil ein einzelner LOINC®-Code umfänglich die Eigenschaften einer Laboruntersuchung beschreibt. Eine SNOMED CT® Codierung kann für qualitative Laborergebnisse verwendet werden.
Die Perspektive für die syntaktische Interoperabilität beim digitalen Laborbefundaustausch ist, ein einheitliches Format zu haben (HL7® FHIR®), damit das MIO Laborbefund von sämtlichen Software-Systemen unmittelbar gelesen und angezeigt werden kann.

Stand: Oktober 2023

REFERENZEN

01. RiLi-BÄK 2019: Richtlinie der Bundesärztekammer zur Qualitätssicherung laboratoriumsmedizinischer Untersuchungen:
https://www.bundesaerztekammer.de/fileadmin/user_upload/downloads/pdf-Ordner/QS/Rili_BAEK_Qualitaetssicherg_laboratoriumsmedUntersuchungen_2019.pdf

02. DIN EN ISO 15189  Medizinische Laboratorien - Anforderungen an die Qualität und Kompetenz:
https://www.din.de/de/mitwirken/normenausschuesse/named/veroeffentlichungen/wdc-beuth:din21:223900218

03. Labordatentransfer (LDT)
https://www.vesta-gematik.de/standards/detail/standards/labordatentransfer-ldt/

04. Qualitätsring Medizinische Software e. V. (QMS)
https://www.qms-standards.de/

05. Health Level 7 (HL7)
https://hl7.de/themen/

06. HL7 FHIR®
https://www.hl7.org/fhir/index.html

07. LOINC 
https://loinc.org/

08. SNOMED® 
https://www.snomed.org/

09. X-eHealth: X-eHealth Deliverable ID5.3 - Laboratory Requests and Reports guideline and functional specification
https://www.x-ehealth.eu/documentation/

10. What LOINC is
https://loinc.org/get-started/what-loinc-is/

11. Medizininformatik Initiative (MII)
https://www.medizininformatik-initiative.de/

12. Medizininformatik Initiative - Modul Laborbefund - ImplementationGuide
https://www.medizininformatik-initiative.de/Kerndatensatz/Modul_Laborbefund/IGMIIKDSModulLabor.html

13. IHE  Pathology and Laboratory Medicine (PaLM) 5, Technical Framework, Volume 3 (PaLM TF-3) Content Modules, Revision 10.0 
https://www.ihe.net/uploadedFiles/Documents/PaLM/IHE_PaLM_TF_Vol3.pdf

14. ELGA: HL7 Implementation Guide for CDA® R2: Laborbefund (Version V 2.06.2)
https://www.elga.gv.at/fileadmin/user_upload/Dokumente_PDF_MP4/CDA/Implementierungsleitfaeden/Leitfaeden_2017_02/HL7_Implementation_Guide_for_CDA_R2_-_Laborbefund_V2.06.2.pdf

15. Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) 
https://www.bfarm.de/DE/Home/_node.html

16. Regenstrief Institute
https://www.regenstrief.org/