Rückblick auf die Kommentierungsphase
Im Spätsommer 2022 gingen während der öffentlichen Kommentierungsphase 134 Kommentare ein. Jeder dieser Kommentare wurde sorgfältig geprüft und fachlich bewertet. Die erste Teilveröffentlichung der Kommentierungsergebnisse fand im Dezember 2022 statt.
Zur Klärung komplexer Themen erfolgte 2023 eine ausführliche Analyse in Zusammenarbeit mit den Mitgliedern des labormedizinischen Beirats (AG Fachgremien Labor). Dadurch konnten wir im April 2024 die Kommentarauflösung und die zweite Teilveröffentlichung bereitstellen. Eine abschließende Informationsveranstaltung fand im Juni 2024 gemeinsam mit dem Beirat, der Industrie und weiteren Stakeholdern statt.
Die daraus resultierenden Verbesserungen wurden inzwischen eingearbeitet.
Übersicht neues Informationsmodell
Nach einer umfassenden internen und externen Qualitätssicherung stellt sich das Informationsmodell nun wie folgt dar:
Wesentliche Änderungen - Neue Elemente
Im Folgenden sind Profile mit ergänzten Strukturen / neue Elemente aufgeführt:
Profil Patient:in
Klinisch relevantes Geschlecht
- neu eingeführtes Element, da klinisch relevantes Geschlecht von offiziell eingetragenem Geschlecht abweichen kann
Profil Laborauftrag-Informationen
Fragestellung/Begründung:
- erweitert um Diagnose Code/Bezeichnung, Anlass, Veranlassungsgrund
Profil Laborgesamtbefund
Kennzeichen Pseudonymisierter Befund:
- Einführung der Kennzeichnung, um Laborbefund als "pseudonymisiert" zu markieren
- Verwendung: Steuerung der Übermittlungswege, technische Validierung
Hintergrund
- Betriebsmedizinische Anwendungsfälle erfordern pseudonymisierte Befunde (ohne personenidentifizierende Daten)
- Regeln und Identifikatoren werden individuell zwischen Einrichtung und Labor festgelegt
- Angaben wie Alter und biologisches Geschlecht ggf. für Bewertung erforderlich
Nachträgliche ePA-Relevanz
- Patient:in kann später die Aufnahme in die ePA verlangen
- Aufnahme in ePA bedeutet Aufhebung der Pseudonymisierung ("Depseudonymisierung")
Sekundärstatus:
- Kennzeichnet spezifische Änderungsvorgänge (geändert, korrigiert, angefügt) im Gegensatz zum primären Bearbeitungsstatus, der den Fortschritt des Befundes (z.B. registriert, vorläufig, abgeschlossen) beschreibt
- Typischer Anwendungsfall ist die Nachforderung in der Stufendiagnostik
Kennzeichen Kritischer Befund:
- wird durch befundenden Laborarzt gesetzt
Anhang-Laborgesamtbefund:
- Unterstruktur mit Dateiname, Dateiformat, Datei
Ergänzende Dokumente:
- für zusätzliche noch nicht strukturierte Laborergebnisse
Profil Untersuchungsgruppe
Untersuchungsbild-Anhang:
- Unterstruktur mit Dateiname, Dateiformat, Datei
Profil Laboruntersuchung
Zugrunde liegende Messungen:
- referenzierbar für berechnete Laborergebnisse
GTIN (Global Trade Item Number)-Code:
- kann herangezogen werden, um die Vergleichbarkeit von Tests zu validieren
Fremdleistung:
- mögliche Angaben Kennzeichen + durchführende Einrichtung
Kennzeichen Akkreditierung:
- optional, Werte "true" oder "false "
Unterscheidung Primärprobe, Sekundärprobe:
- beides optional
Kennzeichen "Kein linearer Referenzbereich":
- optional, keine Balkendiagramme (LOINC® Scale = SemiQn)
Untersuchungsbild-Anhang:
- Unterstruktur mit Dateiname, Dateiformat, Datei
Profil Probe
Status Probe - verpflichtend:
- Konkrete Angabe zum Zustand der Probe in codierter oder textueller Form
Zustand Probe Code/Bezeichnung - optional:
- Angabe in codierter oder textueller Form
Ausgangsmaterial - conditionale Vorgabe:
- Sekundärprobe basiert auf einer Primärprobe
- Beim Dokumentieren einer Sekundärprobe muss das Ausgangsmaterial (Primärprobe) angegeben werden, um den Bezug herzustellen
Probenart, ergänzende Spezifizierung - Vorgabe:
- Wenn möglich, sollte die Probenart mit dem LOINC®-Code ausreichend präzise spezifiziert sein. Die ergänzende Spezifizierung ist eine Ausnahme-Option.
Aktueller Arbeitsstand und Ausblick
Im Rahmen der Qualitätssicherung und Harmonisierung, insbesondere durch Abstimmungen mit nationalen und internationalen Standardisierungsorganisationen wie HL7 Europe, wird das Informationsmodell fortlaufend überprüft. Die Veröffentlichung des aktuellen Arbeitsstandes der MIO-Spezifikation ist für Ende des 3. Quartals 2024 vorgesehen.
Für eine erfolgreiche Umsetzung des MIO Laborbefund gibt es weitere entscheidende Herausforderungen zu bewältigen.
LOINC®-Codes in den Laboren integrieren
Die Integration von LOINC®-Codes in den Laboren ist eine große Herausforderung und die zentrale Voraussetzung für die Einführung des MIO Laborbefund. Derzeit verfügen viele Labore entweder über keine oder nur unvollständige LOINC®-Codierungen ihrer Laborleistungen. Um die Vergleichbarkeit von identischen Laboruntersuchungen zu ermöglichen, benötigen Labore klare Anleitungen für eine LOINC®-Codierung mit einheitlicher Präzision und Detailtiefe.
Aktuell werden vom BfArM und der mio42 folgende Unterstützungsangebote für die Labore entwickelt:
Ein Benutzerhandbuch mit dem Titel „Codiersysteme für Labore – Anwendungsleitfaden für die Codierung in der ePA“ sowie ein begleitendes Online-Webinar. Diese Materialien bieten klare Anleitungen zur Verwendung von LOINC®-(und SNOMED CT®-) Codes. Die Veröffentlichung ist in Abstimmung mit der AG LOINC® des Kuratoriums für Fragen der Klassifikation im Gesundheitswesen (KKG) für Ende dieses Jahres geplant.
Eine Vorschlagsliste mit einer kuratierten Auswahl von Laboruntersuchungen und den entsprechenden LOINC®-Codes. Diese Liste soll als Grundlage dienen, um die Codierung von Laborleistungen mit konsistenter Präzision zu erleichtern. Die Entwicklung erfolgt durch eine von der mio42 initiierten Arbeitsgruppe von Laborexpert:innen.
Arbeitskreis des Interop Council „Einführungskonzept Laborbefund“
Um eine erfolgreiche Einführung des MIO Laborbefund sicherzustellen, wurde Anfang 2024 der Arbeitskreis des Interop Council „Einführungskonzept Laborbefund“ ins Leben gerufen. Dieser Arbeitskreis befasst sich mit allen relevanten Fragestellungen, um Lösungsvorschläge zu erarbeiten sowie weiteren Handlungsbedarf und die dazugehörigen Verantwortlichkeiten zu identifizieren, wie bspw. die folgenden:
Ambulante und stationäre Prozesse regeln
Folgende prozessuale Fragen müssen geklärt werden:
- Wer erstellt das MIO und lädt es in die ePA hoch?
- Wie erhält das beauftragte Labor Zugang zur ePA?
- Entlassmanagement: Welche Laborbefunde müssen im Rahmen als MIO in die ePA integriert werden, und wer ist dafür verantwortlich?
Voraussetzungen schaffen
Vor der Einführung des MIO Laborbefund sind technische, inhaltliche und organisatorische Vorarbeiten zu berücksichtigen:
- Realistische Zeitpläne für eine fundierte Planung und Umsetzung
- Umfassende Implementierungs- und Schulungsunterstützung
- Pilotierung zur Validierung vor dem Rollout des MIO
Visualisierung (UX-Design)
Parallel dazu arbeiten wir an Visualisierungen zur Unterstützung der nativen Implementierung und Integration des MIO Laborbefund in Primärsystemen. Außerdem werden laborspezifische Versorgungsprozesse aus Anwenderperspektive analysiert, um aufzuzeigen, wie der zukünftige Versorgungsprozess mit dem MIO Laborbefund aussehen könnte. Diese Visualisierungen und Prozessanalysen sollen zeitnah veröffentlicht werden, um die Kommunikation mit Anwendern und Herstellern zu erleichtern. Eine Beispielvisualisierung als exemplarische Anzeige eines einzelnen Laborbefundes in einem Primärsystem finden Sie hier:
Veröffentlichung des MIO Laborbefund Version 1.0.0 und notwendige nächste Schritte
Derzeit ist die Einordnung des MIO Laborbefund in die ePA-Roadmap noch in Abstimmung.
Eine weitere Aufgabe für die Festlegung des MIO Laborbefund Version 1.0.0 ist die Implementierung des MIO für die datenbankbasierte ePA (FHIR®-Server, analog zum HL7 EU IG) in Zusammenarbeit mit der gematik. Bislang wurde das MIO Laborbefund als FHIR®-Bundle für die dokumentenbasierte ePA (XDS-Server) entwickelt. Ein entscheidender Vorteil dieser datenbankbasierten Ausprägung ist, dass Anwender:innen gezielt nach bestimmten Laboruntersuchungen oder -ergebnissen in den gesamten ePA-Inhalten suchen können.
Weitere Themen
Haben Sie weitere Themen und Inhalte, die Sie in einem Laborbefund gern wiederfinden möchten? Teilen Sie Ihre Ideen gern mit uns und nehmen Sie Kontakt auf:
E-Mail: mio@kbv.de
Stand: August 2024