Die PKÜ ist eine definierte Zusammenstellung relevanter medizinischer Informationen zu einer Person, bei dem der Fokus der Informationen auf die Relevanz bei einer geplanten oder unplanmäßigen Behandlung liegt. Sie soll der behandelnden Person sowohl im ambulanten als auch im stationären Sektor einen schnellen Überblick über den Gesundheitszustand und die Vorerkrankungen einer Person liefern.

Grundlage

Die DIN EN 17269 International Patient Summary (IPS), die durch das Europäische Komitee für Normung entwickelt wurde, gibt die inhaltlichen Informationen, Konformitäten und Kardinalitäten vor, die das MIO PKÜ strukturell enthalten soll. Abweichungen zu den in der Norm gemachten Vorgaben erfolgen nur in begründeten Fällen. Ergänzend dazu steht die DIN CEN/TS 17288 als Implementierungsleitfaden zur Verfügung. 

Die DIN EN 17269 enthält folgende Abschnitte:

  • Merkmale PatientIn
  • Adressbuch PatientIn
  • Allergien und Unverträglichkeiten
  • Medikationsübersicht
  • Probleme
  • Historie vergangener Probleme
  • Ergebnisse
  • Vitalparameter
  • Immunisierungen
  • Medizinprodukte
  • Vorangegangene Verfahren
  • Behandlungsplan
  • Funktionsstatus
  • Sozial-Anamnese
  • Patientenverfügungen
  • Schwangerschaftshistorie

Um die Kompatibilität zum Notfalldatensatz (NFD) und dem elektronischen Medikationsplan (eMP) herzustellen, wurde die Datenstruktur des MIO PKÜ mit den Datenmodellen der Anwendungen der Telematikinfrastruktur abgeglichen und Ergänzungen vorgenommen.

In der inhaltlichen Darstellung des MIO werden alle Ergänzungen bzw. Abweichungen entsprechend vermerkt.

Bestehende Arbeiten und Vorgaben zur PKÜ

Die Idee, dass entscheidungsrelevante medizinische Informationen für den Fall von unplanmäßig notwendig werdenden medizinischen Behandlungen übersichtlich dargestellt und schnell verfügbar gemacht werden, existiert schon seit Jahrzehnten. In der "Papierwelt" existieren zu diesem Zweck unzählige Formate für "Notfallausweise", die sich entweder konkret auf bestimmte Erkrankungen bzw. Therapien (z.B. Blutverdünnungstherapie, implantierte medizinische Geräte, Nebenniereninsuffizienz oder Epilepsie) beziehen oder eine Art allgemeine Übersicht über den medizinischen Zustand einer Person liefern sollen. 

Im Folgenden werden exemplarisch einige Arbeiten und Vorgaben im In- und Ausland beschrieben. Dies stellt keine abschließende Auflistung aller Arbeiten zum MIO PKÜ dar.

Arbeiten in Deutschland

Notfalldatensatz (NFD)

In Deutschland können Arztpraxen, Zahnarztpraxen und Krankenhäuser wichtige medizinische Notfalldaten, den sogenannten Notfalldatensatz (NFD), direkt auf der Gesundheitskarte (eGK) speichern, sofern die betreffende Person in die Speicherung einwilligt. Zu den Notfalldaten gehören:

  • Diagnosen
  • Medikation
  • Allergien/Unverträglichkeiten
  • Angaben zur behandelten Person
  • Besondere Hinweise
  • Kontaktdaten behandelnder Personen
  • Zusätzliche medizinische Informationen auf Wunsch der behandelten Person
  • Benachrichtigungskontakt im Notfall

Elektronischer Medikationsplan (eMP)

Informationen zur medikamentösen Behandlung können freiwillig als elektronischer Medikationsplan (eMP) auf der Gesundheitskarte (eGK) gespeichert werden. Damit sind ÄrztInnen, ZahnärztInnen, PsychotherapeutInnen und ApothekerInnen stets umfassend über die medikamentöse Behandlung informiert. Mögliche Wechselwirkungen der Arzneimittel können berücksichtigt werden. Zu den Daten des eMP gehören:

  • Stammdaten PatientIn
  • Medikationsrelevante Daten
  • Angaben zur Medikation

Weitere Ansätze für digital speicherbare Notfalldatensätze in Deutschland:

  • Notfallpässe innerhalb von elektronischen Gesundheitsakten (eGA)
  • Notfallinformationen innerhalb von Smartphone-Betriebssystemen

Arbeiten und Vorgaben im europäischen Ausland

Österreich

In Österreich wird ein Implementierungsleitfaden für ein Patient Summary Dokument erarbeitet, der auf dem technischen Framework Clinical Document Architecture (CDA) basiert. Ziel des österreichischen Patient Summary ist es, den behandelnden Personen bzw. Einrichtungen einen schnellen Überblick über die in der ELGA (Elektronische Gesundheitsakte) verfügbaren Informationen zu einer Person zu ermöglichen.

Der Leitfaden wird im Auftrag der ELGA GmbH erstellt und soll danach als technischer Standard publiziert werden (Normierung über Ballot-Verfahren durch HL7 Austria).

Europäische Union

Im Rahmen des Projektes eHealth Digital Service Infrastructure (eHDSI) werden eRezepte und Patient Summaries ausgetauscht. Die Inhalte dieser Patient Summaries werden gemäß den Vorgaben der eHN Guideline Release 2, die 2016 verabschiedet wurde, festgehalten. Ein weiteres Release ist für 2021 geplant. Aktuell liegt der Fokus der im Projekt eHDSI entwickelten Patient Summaries auf der ungeplanten medizinischen Versorgung. Der aktuelle Datensatz in der eHN Guideline Relase 2 ist im Vergleich zur DIN EN 17269 weniger weit entwickelt als das IPS-Datenmodell. Im Rahmen des Projektes werden bereits aktiv Patient Summaries zwischen einzelnen EU-Ländern ausgetauscht.

Arbeiten und Vorgaben im nicht europäischen Ausland

HL7-Projekt "International Patient Summary"

Auf Basis der DIN EN 17269 hat HL7 Implementierungsleitfäden für die Standards CDA und FHIR® entwickelt. Darüber hinaus existiert ein Entwurf zum Informationsmodell in ART-DECOR®. 

IHE-Projekt "International Patient Summary"

Auf Basis der HL7 Implementierungsleitfäden wurde ein IHE-Profil entwickelt. Im Detail werden die verschiedenen Anwendungsszenarien im Kontext der IPS beschrieben. 

Internationale Organisation für Normung

Die International Patient Summary soll bis 2021 auf Basis der CEN EN 17269 in die ISO/DIS 27269 überführt werden.

Fazit

Es existieren unterschiedliche Ansätze und Formate, die es behandelnden Personen ermöglichen, notfallrelevante Informationen im Bedarfsfall schnell abrufbar zu machen. Im Bereich digital speicherbarer Formate spielt die DIN EN 17269 eine herausragende Rolle. Sie ermöglicht die strukturierte Speicherung notfallrelevanter Informationen und liefert darüber hinaus medizinisch relevante Informationen, aus denen der allgemeine Gesundheitszustand einer Person ableitbar ist.

Der strukturelle Aufbau des MIO PKÜ bietet einen Ansatz, dem Anspruch von semantischer und syntaktischer Interoperabilität sowohl auf nationaler als auch perspektivisch auf internationaler Ebene gerecht zu werden. 

Vor dem Hintergrund, dass die PKÜ sowohl für die ungeplante als auch für die geplante medizinische Behandlung in Betracht kommt, eignet sich der strukturelle Aufbau der DIN EN 17269 als Basis. Das Ziel ist es, die Konformität des MIO zu den in der DIN enthaltenen Vorgaben zu leisten. Um eine Kompatibilität der im MIO PKÜ speicherbaren Informationen zu den TI-Anwendungen NFD und eMP zu ermöglichen, ergänzen wir unser Informationsmodell um Inhalte, die im NFD oder eMP enthalten, aber nicht durch die DIN EN 17269 abgebildet sind. 


Stand: 30.04.2021