Zuschuss zum Zahnersatz nach § 55 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB V

Gemäß § 55 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB V haben gesetzlich Krankenversicherte in Deutschland Anspruch auf befundbezogene Festzuschüsse im Fall eines medizinisch notwendigen Zahnersatzes.

Bisher besteht nach § 55 Abs. 1 Satz 2 SGB V - ohne Bonusheft - ein Anspruch auf befundbezogenen Festzuschuss zum Zahnersatz in Höhe von 50 % der statistischen Durchschnittskosten für die Regelversorgung. Regelmäßige Eintragungen im Bonusheft können den Festzuschuss erhöhen. Wurde das Bonusheft fünf Jahre lückenlos geführt, erhöht sich der Festzuschuss gemäß § 55 Abs. 1 Satz 3 SGB V derzeit um 20 % auf 60 %. Wurde das Bonusheft zehn Jahre lückenlos geführt, erhöht sich der Festzuschuss gemäß § 55 Abs. 1 Satz 5 SGB V um 30 % auf insgesamt 65 %.

Mit der Neuregelung durch das am 11. Mai 2019 in Kraft getretene „Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) werden zum 1. Oktober 2020 in Bezug auf die Zahnersatz-Zuschüsse folgende Maßnahmen umgesetzt:

  • Der Grund-Festzuschuss (ohne Bonus) wird auf 60 % des Betrags, der für die entsprechende, durchschnittliche Regelversorgung zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) festgelegt ist, angehoben.
  • Die erhöhten Festzuschüsse belaufen sich dann auf insgesamt 70 % bzw. 75 % der Durchschnittskosten der Regelversorgung (bei Nachweis eines lückenlosen Bonusheftes über einen Zeitraum von fünf bzw. zehn Jahren).
  • Ein lückenloser Nachweis liegt bei Versicherten, die das 12. Lebensjahr vollendet haben, vor, wenn die Untersuchungen nach § 22 Abs. 1 SGB V halbjährlich dokumentiert wurden, und bei Versicherten, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, wenn eine zahnärztliche Untersuchung im Sinne von § 55 Abs. 1 Satz 4 Nr. 2 SGB V einmal jährlich dokumentiert wurde.
  • In begründeten Ausnahmefällen soll - nach Einzelfallentscheidung der Krankenkasse - auch dann ein Anspruch auf erhöhte Festzuschüsse (i. H. v. 75 %) bestehen, wenn innerhalb der letzten zehn Jahre vor Beginn der Behandlung die Vorsorgeuntersuchungen nach § 55 Abs. 1 Satz 4 Nummer 1 und 2 SGB V maximal einmal unterbrochen wurden.
  • Für die Härtefälle nach § 55 Abs. 2 SGB V gilt Folgendes: Versicherte haben bei der Versorgung mit Zahnersatz zusätzlich zu den Festzuschüssen nach § 55 Abs. 1 Satz 2 Anspruch auf einen Betrag in jeweils gleicher Höhe, angepasst an die Höhe der für die Regelversorgungsleistungen tatsächlich anfallenden Kosten, höchstens jedoch in Höhe der tatsächlich entstandenen Kosten, wenn sie ansonsten unzumutbar belastet würden; wählen Versicherte, die unzumutbar belastet würden, nach § 55 Abs. 4 oder 5 einen über die Regelversorgung hinausgehenden gleich- oder andersartigen Zahnersatz, leisten die Krankenkassen nach derzeitigem Recht den „doppelten Festzuschuss“, also 100 % statt 50 %. Da der Grund-Festzuschuss zukünftig nicht mehr nur 50 %, sondern 60 % betragen wird, kann nicht mehr vom „doppelten Festzuschuss“ bei Härtefällen gesprochen werden, vielmehr wird ein ergänzender Festzuschuss in Höhe von 40 % geleistet. Wie bisher besteht damit auch weiterhin ein Anspruch auf 100 % der durchschnittlichen Kosten der Regelversorgung.

Bundesmantelvertragliche Regelungen zum zahnärztlichen Bonusheft

In Anlage 3 zum BMV-Z werden Maßnahmen zur Verhütung von Zahnerkrankungen vereinbart, unter anderem auch die Nutzung des Bonusheftes, das auf Vordruck 8 der Anlage 14a BMV-Z als Muster abgedruckt ist.

Anspruchsberechtigter eines Bonusheftes ist jeder Versicherte der gesetzlichen Krankenversicherung mit Vollendung des 12. Lebensjahrs. Dieser kann frei entscheiden, ob er ein solches führen möchte und Eintragungen vorgenommen werden. Das Bonusheft wird von den Krankenkassen finanziert und dem Versicherten vom Vertragszahnarzt ausgehändigt. Das Bonusheft ist für den Versicherten kostenfrei. Die Krankenkasse hat den Versicherten und die Erziehungsberechtigten anzuhalten, dem Vertragszahnarzt das Bonusheft unaufgefordert vorzulegen. Das Bonusheft ist vom Versicherten aufzubewahren. Steht ein Zahnarztwechsel oder Kassenwechsel an, verliert das Bonusheft nicht seine Gültigkeit. Der neue Vertragszahnarzt kann die notwendigen Einträge fortsetzen oder er stellt dem Versicherten ein weiteres Bonusheft aus, welches im letzteren Fall zusammen mit dem ersten Bonusheft bei einer bevorstehenden Behandlung mit Zahnersatz der Krankenkasse vorgelegt werden kann.


Ein vollständiger Nachweis einer erfolgten Vorsorgeuntersuchung liegt vor, wenn folgende Felder ausgefüllt sind:

  • Datum der Untersuchung
  • Ankreuzen des Feldes bezüglich der Art der Untersuchung:
    • Bei Versicherten, die das 12. Lebensjahr vollendet haben, wird für jedes Kalenderhalbjahr das Datum des Mundhygienestatus Nr. IP 1 eingetragen („Individualprophylaxe“)
    • Bei Versicherten, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, wird jährlich das Datum einer zahnärztlichen Untersuchung im Sinne von § 55 Abs. 1 Satz 4 Nr. 2 SGB V eingetragen („zahnärztliche Untersuchung“)
  • Zahnarztstempel und Unterschrift (§ 19 BMV-Z, § 3 Abs. 2 Satz 5 Anlage 3 BMV-Z)


Ein papierbasierter, lückenloser Nachweis der regelmäßigen Vorsorgeuntersuchungen kann allerdings mit einem erheblichen Aufwand für den Versicherten und den Vertragszahnarzt verbunden sein:

Fehlt zum Beispiel ein Stempel, können fragliche Zeiträume zwar nach Abgleich mit der Dokumentation in der Patientenkartei auch im Nachhinein noch bestätigt und abgestempelt werden. Je länger diese aber zurückliegen, umso aufwändiger wird eine nachträgliche Dokumentation sowohl für den Versicherten als auch für den Vertragszahnarzt. Ist diese mit einem erheblichen Zeitaufwand für die Praxis verbunden, kann dafür gegebenenfalls eine Aufwandsgebühr anfallen. In Sonderfällen, zum Beispiel bei Praxisaufgabe oder Praxisübergang, kann es sein, dass eine nachträgliche Dokumentation mangels Abgleichmöglichkeit mit der Patientenakte nicht mehr möglich ist. Fehlende Einträge gehen zulasten des Versicherten und sein Anspruch auf einen Bonus besteht dann erst wieder, wenn die Kontrolltermine der vergangenen fünf Jahre nachgewiesen werden können. Es ist seine Aufgabe, an den Eintrag ins Bonusheft zu denken.

Legt der Versicherte das Bonusheft nicht vor, weil er es zu Hause vergessen hat, kann der Vertragszahnarzt eine Ersatzbescheinigung über die Durchführung der Kontrolltermine ausstellen. Eine Übertragung in das Bonusheft erfolgt im Nachgang häufig nicht, so dass eine vollständige Dokumentation damit erschwert ist.

Oder: Ist das Bonusheft nicht auffindbar, weil es verloren wurde, kann der Vertragszahnarzt ein neues Bonusheft ausstellen, wobei dies insbesondere aus wirtschaftlichen Aspekten die Ausnahme bleiben sollte. In Sonderfällen, wenn der Versicherte möglicherweise bei unterschiedlichen Vertragszahnärzten in Behandlung war, benötigt er von jeder Praxis den entsprechenden Eintrag, da nur die jeweilige Praxis auf Grundlage der Patientenakte die Kontrolltermine bestätigen kann.

Elektronisches zahnärztliches Bonusheft

Ein elektronisches zahnärztliches Bonusheft kann diesen Mehraufwand für den Versicherten und den Vertragszahnarzt erheblich reduzieren und bietet einige weitere Vorteile gegenüber der papierbasierten Dokumentation:

Durch ein elektronisches Bonusheft muss der Versicherte nicht länger ein papierbasiertes Dokument bei sich führen, um dieses bei jeder Vorsorgeuntersuchung unaufgefordert vorlegen zu können. Ein zentral gespeichertes elektronisches Bonusheft, das zum Beispiel in einer elektronischen Patientenakte hinterlegt ist, kann mit entsprechender Einwilligung des Versicherten auch direkt vor Ort in der Praxis eingesehen und ergänzt werden. Unnötige Ersatzbescheinigungen und gegebenenfalls mehrere papierbasierte Bonushefte, die der Versicherte gebündelt der Krankenkasse vorlegen müsste, sowie zeitaufwändige Nacheintragungen werden vermieden, was ökonomisch und ökologisch positiv zu bewerten ist. Ein deutlich schnellerer Abruf von Informationen kann gewährleistet und Portokosten können vermieden werden.

Da ein auf diese Weise zentral hinterlegtes Bonusheft nicht ohne weiteres verloren gehen kann, ist ein Verlust der Daten nicht mehr so leicht möglich, wie dies bei einem papierbasierten Bonusheft der Fall ist. Die bisher umfangreichen Recherchen und händischen Nachtragungen aller vorherigen Untersuchungen - möglicherweise bei mehreren Praxen - werden obsolet. Eine vollständige Dokumentation aller Vorsorgeuntersuchungen wird viel einfacher. Bei einem Zahnarztwechsel kann auch der neue Zahnarzt mit Einwilligung des Versicherten auf das Bonusheft zugreifen und dieses fortführen. Durch eine Auswertung der Einträge (z. B. Lückenlosigkeit) und Anzeige des Bonus auf einer benutzerfreundlichen Oberfläche im PVS und im Versichertenfrontend können Praxen und Versicherte jederzeit transparent die Bonusstufe und Zuschusshöhe erkennen.

Ferner kann eine Erinnerungsfunktion generiert werden, so dass Versicherte und Praxen rechtzeitig über erforderliche Vorsorgeuntersuchungen informiert und regelmäßige zahnärztliche Kontrolluntersuchungen deutlich erleichtert werden.

Ein digital geführtes und von unterschiedlichen Praxisverwaltungssystemen gleichermaßen lesbares Bonusheft bietet somit viele Vorteile.